In analog organisierten Lieferketten sitzen an jeder Schnittstelle Menschen, die Teilprozesse bearbeiten und die Ergebnisse ihrer Arbeit im Wasserfallprinzip an Kollegen zur weiteren Bearbeitung weiterreichen. In jedem Teilprozess können Fehler entstehen, die durch Vorgesetzte oder andere Kontroll-Instanzen herausgefiltert werden müssen. Der damit verbundene Aufwand ist immens und wird sich zukünftig nicht mehr wirtschaftlich darstellen lassen. Die unternehmerische Zukunft und maximale Qualität können nur mit einer konsequenten Digitalisierung gesichert werden.
Keine Postkörbe, keine manuelle Auftragserfassung, kein Warten auf Kollegen: die Digitalisierungswelle hat die Logistikbranche längst erreicht und sorgt für nachhaltige Veränderungen in der Arbeitswelt. Nur hochspezialisierte Spediteure, die sich zum Beispiel auf Schwerlasttransporte konzentrieren, werden sich dem Wandel noch einige Jahre entziehen können. Für „normale“ Transportunternehmen im Stückgut- und Ladungsverkehr geht es hingegen nur noch darum, wie und wann die analogen Prozesse transformiert werden.
Kontrolleur statt Macher
Die Unsicherheit ist nach wie vor groß: Einige Firmen begnügen sich mit der Digitalisierung kleiner Prozessschritte wie zum Beispiel der Einführung von Telematiksystemen oder dem Ersetzen des Faxgeräts durch den Versand per E-Mail. Nur wenige erkennen das Potenzial einer durchgehenden Digitalisierung der kompletten Prozesskette zwischen Auftragseingang und Abrechnung. Moderne und bewährte Lösungen übernehmen nicht nur die Fakturierung, sondern auch das Avisieren und Disponieren inklusive der Buchung von Fähren oder Zeitfenstern für die Be- oder Entladung. Hier erobert sich der Computer in großen Schritten die Domäne der Disponenten. Diese werden die Rolle der „Macher“ zunehmend abgeben und zum Kontrolleur avancieren.
Neues Denken erforderlich
Kontrolle wird in der digitalisierten Welt der Logistik zur Schlüsselfunktion. Denn immer wieder wird entlang der Lieferkette Handlungs- und Klärungsbedarf entstehen. Kunden müssen über Verspätungen informiert oder Fahrer bei Problemen unterstützt werden. Unternehmen und Mitarbeiter müssen sich auf diesen Wandel einstellen und ihre Prozesse und vor allem ihr Denken darauf ausrichten. Statt sich die Frage zu stellen, ob man selbst alles richtig gemacht hat, muss nun das IT-System kritisch überwacht werden. „Früher waren die Mitarbeiter das System, aber heute gibt es dafür Hochgeschwindigkeitsrechner, die nach einem strengen Regelwerk rund um die Uhr fehlerfrei arbeiten“, erklärt Volker Hasch, Geschäftsführer vom Softwarehaus cargo support.
Das Vermeiden von Fehlern äußert sich in höheren Erträgen und einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit. Ein Beispiel dafür ist der Angebotsprozess: Ohne durchgehende Digitalisierung läuft dieser Schritt oft telefonisch oder per E-Mail. Ist der Kunde einverstanden, erteilt er den Auftrag, wobei er sich nicht unbedingt an den vereinbarten Preis halten muss. Differenzen von 50 EUR zugunsten des Verladers fallen oft gar nicht mehr auf, wenn der Auftrag – oft zeitlich getrennt von der Angebotsphase – per E-Mail eintrifft.
Mehr Qualität, weniger Kosten
Bei einem durchgehend digitalisierten Prozess würde bereits das Angebot anhand hinterlegter Regeln automatisch erstellt. Falls sich bei der späteren Auftragserteilung Abweichungen ergeben, löst das System einen Alarm aus, um den sich der Mitarbeiter in seiner Rolle als Kontrolleur sofort kümmern kann. Weitere Beispiele für den Nutzen der Digitalisierung liefert das Auftragsmanagement. Die Kommunikation zwischen Disponenten und Fahrern kann mit Hilfe von Bordrechnern wesentlich vereinfacht werden. Komplette Touren, Rückfrachten oder Abholaufträge können per Knopfdruck direkt aus dem Transportmanagementsystem in das Cockpit des betreffenden LKW gesendet werden. Übertragungsfehler durch das telefonische Übertragen von Auftragsdaten gehören der Vergangenheit an. Vor dem Hintergrund der vielen ausländischen Trucker ist dies ein wesentlicher Qualitätsvorteil.